Auf den Spuren jüdischen Lebens in Bad Ems

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Ein Gedenkgang der Klasse 8b

„Für mich war es krass, wie nah die Ereignisse passiert sind. Ich hätte mir nie vorgestellt, dass in der Reichspogromnacht so viel in Bad Ems angerichtet wurde. Mara
„Man hat selbst gesehen, wo die Juden früher gelebt haben, und konnte es sich dadurch auch besser vorstellen.“ Maja S.
„Normalerweise hört man all dies nur im Fernsehen und jetzt weiß ich, dass es auch in Bad Ems Juden gab, die all das durchleben mussten. Lana
„Es war schrecklich zu hören, dass auch bei uns vor der Tür die Juden verfolgt, erniedrigt oder sogar getötet wurden. Jedoch fand ich es auch sehr spannend, so viel darüber zu erfahren.“ Anna
„Ich fand es schrecklich, zu hören, was den Juden auch hier angetan wurde. Dennoch fand ich es gut, dies als Thema zu nehmen, weil es auch wichtig ist daran zu denken.“  
„Jetzt weiß ich über die Schicksale Bescheid und denke und erinnere mich an sie.“ Thora

 

Mit diesen Eindrücken kehrten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 8b von einem Gedenkgang auf den Spuren jüdischen Lebens in Bad Ems zurück, den ihre Klasse in der letzten Schulwoche vor den Herbstferien mit Frau Knopp und Frau Franke unternahm. Sarah Borsch, Madeleine Kaiser und Tabea Kilian aus Jahrgangsstufe elf begleiteten uns. Sie hatten im vergangenen Schuljahr zusammen mit Johanna Spornhauer und Daria Wagner Erklärvideos zu einzelnen Stationen jüdischen Lebens in Bad Ems erstellt, die wir uns im Unterricht zur Vorbereitung angesehen hatten.

Die erste Station unseres Gedenkganges war das Gemälde der Kaiser-Friedrich-Schule im Verwaltungstrakt unserer Schule. Wir erinnerten uns: In Bad Ems, in unserer Vorgängerschule, war Edith Königsberger als jüdisches Mädchen während der Zeit des Nationalsozialismus von Lehrern niedergemacht und von Mitschülern gepeinigt worden, bis sie die Schule verließ.

Vorbei am früheren Standort der Kaiser-Friedrich-Schule neben der Emser Therme führte unser Weg zur Wipsch. Der Marktplatz war in der NS-Zeit Sammelplatz für jüdische Mitbürger vor ihrer Deportation.

Nur wenige Juden entkamen der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie. Davon künden Stolpersteine für Angehörige der Familien Leopold und Strauß in der Friedrichstraße. Dass es auch einmal ein friedliches Zusammenleben gab, verdeutlichte uns gleich darauf der Brunnen von Lies Ebinger und ihrem Bruder Rudi Spornhauer: Die Aufzählung der früher in der Friedrichstraße ansässigen Handwerker umfasst christliche und jüdische Namen ohne Unterschied.

An unserer nächsten Station, Römerstraße 89, weist eine Gedenktafel von Lies Ebinger auf das ehemalige jüdische Altersheim hin, das während der Reichspogromnacht am 10.11.1938 – wie viele Gebäude jüdischer Mitbürger – verwüstet wurde. Sarah Borsch berichtete vom Schicksal der Familie Königsberger, die im Haus Germania in der Römerstraße 12 ein Modegeschäft betrieb, bis sie durch die Nationalsozialisten zur Aufgabe und später zur Flucht bzw. in Vernichtungslager gezwungen wurden.

In der Römerstraße 69 auf der gegenüberliegenden Straßenseite lebten die jüdische Familie Bernstein und Ida Emmel mit der katholischen Familie Sarholz harmonisch unter einem Dach. So erzählte es uns Madeleine Kaiser anhand einer um 1930 entstandenen Fotografie. Doch die Stolpersteine vor dem Haus beweisen, dass auch dieser Frieden durch die Nationalsozialisten zerstört wurde.

Foto: Franke / Stadtarchiv Bad Ems

Nur wenige Schritte weiter hielten wir vor einer Bodenplatte inne: „Standort der ehemaligen Synagoge, 1938 geschändet, 1955 niedergelegt“. 50 Jahre vor der Reichspogromnacht war die Synagoge von der prosperierenden jüdischen Gemeinde noch erweitert und unter großer Anteilnahme der Bad Emser Honoratioren eingeweiht worden. 1955 wurde sie, seit 1942 eine Synagoge ohne Gemeinde, dem Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses geopfert.

Foto: Franke / Stadtarchiv Bad Ems

Über den Wiesenweg am Emsbach gelangten wir zu unserer letzten Station, dem jüdischen Friedhof. Dort zeigte uns Tabea Kilian vertraute Namen auf der Gedenktafel für die Holocaustopfer aus Bad Ems. Herr Spiegel, der für die Pflege des Friedhofs verantwortlich ist, öffnete uns dankenswerterweise die Taharahalle, in der die rituelle Waschung eines Leichnams vor der Bestattung vorgenommen wurde. Er berichtete über religiöse Begräbnisbräuche und beantwortete viele Fragen. Am Grab von Horst und Willi Strauß gedachten wir der beiden Jungen aus der Friedrichstraße, die im Alter von 12 bzw. 14 Jahren in der Tötungsanstalt Hadamar ermordet wurden, weil sie einen jüdischen Vater hatten.

Vielleicht machen Sie sich selbst bei Ihrem nächsten Gang durch die Straßen von Bad Ems auf die Suche nach Spuren jüdischen Lebens in unserer Stadt?

 

 

Text Elisabeth Knopp
Bilder

Alexandra Franke

Stadtarchiv Bad Ems

 

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