„Das war Gänsehaut pur!“

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Die „Spuren jüdischen Lebens in Bad Ems“ erhalten den Rolf-Joseph-Preis

Freitag, 25.10.2019

6.45 Uhr, Goethe-Gymnasium: Eine Schülerin beginnt ihre Deutsch-LK-Arbeit

7.45 Uhr: Regulärer Kursarbeitsbeginn

9.20 Uhr: Ein Fahrzeug steht mit Chauffeur und laufendem Motor am Löwen bereit. Vier Schülerinnen springen hinein und los geht die Fahrt.

9.25 Uhr Eintreffen am Westbahnhof, wo Frau Knopp schon wartet.

9.30 Uhr Abfahrt des Zuges Richtung Limburg.

So starteten die Teilnehmerinnen des Projektes „Spuren jüdischen Lebens in Bad Ems“ Sarah Borsch, Madeleine Kaiser, Tabea Kilian, Daria Wagner und ihre Lehrerin Elisabeth Knopp nach Berlin zur Verleihung des Rolf-Joseph-Preises. Johanna Spornhauer war leider verhindert.

Nach Zugverspätung und spontan arrangiertem Empfang des Wohnungsschlüssels erreichten wir pünktlich unseren ersten Treffpunkt, die Synagoge Pestalozzistraße. Schwer bewaffnete Polizisten, akribische Sicherheitskontrolle: Das Leben unserer Mitbürger jüdischen Glaubens ist heute in Deutschland gefährdet. Und doch begrüßte uns die jüdische Gemeinde im Shabbat-Gottesdienst. Unter dem himmelblauen, sternengeschmückten Deckengewölbe füllte sich der Raum mit jahrtausendealten Psalmen in hebräischer Sprache und volltönenden Wechselgesängen zwischen Kantor und Chor, begleitet von der Orgel. Die Musik versetzte uns in eine Zeit blühender jüdischer Kultur im 19. Jh.: „Shabbat Shalom“ – Frieden!

Jüdisches Leben heute in Deutschland und in Israel stellten uns am nächsten Tag zwei Ausstellungen des Jüdischen Museums Berlin, des größten seiner Art in Europa, vor. Die Architektur vermittelte uns, wie Exil Leben verändert: Scheinbar senkrechte Säulen, ein vermeintlich waagerechter Boden, täuschend gleichmäßige Pflastersteine brachten uns ins Wanken. An der „Leerstelle des Gedenkens“ blieb unser Blick trotz des weiten Raumes über uns gesenkt: „Gefallenes Laub“ nennt der Künstler seine Installation. Doch am Boden liegt kein Laub, es sind Gesichter, ungezählt. Zögernd betraten wir sie, ihr metallischer Klang berührte uns. Dürfen wir über sie hinweggehen?

Abends die Preisverleihung in der Michael Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums: Die Atmosphäre ist ruhig, geprägt von gedämpftem Licht, transparenter Gitarrenmusik des Barock  und den wohltuend kurzen Grußworten voll freundlicher Zuwendung. Wir spüren die innige Verbundenheit der Joseph-Gruppe mit ihrem 2012 verstorbenen Wahl-Großvater Rolf Joseph, einem Berliner Shoa-Überlebenden. Dann stellen die Schülerinnen und Schüler ihre beeindruckenden Projekte vor: eine ergreifende Kurzgeschichte, ein professionell gestalteter interaktiver Stadtplan, die aufwändig recherchierte Geschichte einer jüdischen Familie. Die Worte unseres Laudators Simon Strauß gehen unter die Haut. Dass unser Beitrag „Spuren jüdischen Lebens in Bad Ems“ mit dem ersten Platz ausgezeichnet wurde, realisieren wir erst allmählich. Nach vielen anregenden Gesprächen ließen wir den Abend in einem israelischen Restaurant ausklingen. Es hieß Joseph“.

„Ich muss weitermachen“, sagte Rolf Joseph über seine Arbeit als Zeitzeuge in Berliner Schulen.

Wir laden ein zur Gedenkveranstaltung am Sonntag, dem 10.11.2019 um 14 Uhr auf dem jüdischen Friedhof in Bad Ems.

Zum Schluss ein großer Dank an Frau Baur-Fleischer für die Früh-Aufsicht, an Sarahs Onkel für den Transfer und an Thomas in Berlin für seine Flexibilität.

 

Text Elisabeth Knopp
Bilder Joel Klemm
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Mehr zum Rolf-Joseph-Preis unter rolfjosephpreis.de

 

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