Ein besonderer Besuch bei der Projektgruppe „Auf den Spuren jüdischen Lebens in Bad Ems“
Der 9. November 2022 bleibt den „Spurensuchern“ wohl noch lange in Erinnerung. Die Mitwirkung an der abendlichen Gedenkveranstaltung zur Reichpogromnacht 1938 ist schon eine kleine Tradition, aber nicht alle Tage haben sie Gelegenheit, Angehörige einer ehemaligen jüdischen Familie aus Bad Ems kennenzulernen. Frau Nicole Feldmann, Enkelin des jüdischen Kaufmanns Emil Königsberger, und ihr Mann Dieter Feldmann aus Karlsruhe nahmen sich anlässlich der Gedenkveranstaltung vor dem Haus ihrer Vorfahren Zeit für einen Besuch in Bad Ems. Beide waren sehr interessiert an der Gedenkarbeit unserer Schülerinnen und Schüler, die von Markus und Lana, Talida, Pauline, Constanze, Anjaleen, Michelle, Ben, Timo und Luca vertreten wurden. Gern beantwortete das Ehepaar Feldmann auch deren zahlreiche Fragen. Ein Team des Südwestfunks begleitete die Begegnungen am ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus der Familie in der Römerstraße 12 und an den Familiengräbern auf dem Jüdischen Friedhof. Dort erwarteten uns schon die emsigen Gärtner und Gärtnerinnen Samuel, Leonard, Fynn, Marie, Philipp, Elifnur und Sophia, die unsere Besucher mit ihrem Enthusiasmus beeindruckten. Am Abend kamen wir zur Gedenkveranstaltung mit Pfarrerin Müller, Gemeindereferent Ralf Cieslik, Lothar Knothe und Wolfgang Elias Dorr als Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde Koblenz noch einmal vor dem Haus Germania gegenüber der Spielbank zusammen. Talida, Lisa, Mia und Bjarne berichteten den Zuhörern von dem Modegeschäft, das die angesehene Familie Königsberger im Zentrum des Kurbetriebs führte, und vom Tod Emil Königsbergers im März 1933, vermutlich nachdem er als Jude aus dem Stadtrat ausgeschlossen worden war. Sie beschrieben die Trümmerlandschaft, die die Nazis in der Reichspogromnacht in den Wohnungen der Familie in der zweiten und dritten Etage des Hauses zurückließen. Sie erinnerten an Emils Bruder Adolf, der sich daraufhin in den Tod stürzte. Schließlich gedachten sie seiner Schwester Fanny und der Geschwister seiner Frau, Flora und Louis Jessel, die im August 1941 in das Arbeitslager Friedrichssegen und ein Jahr später nach Theresienstadt deportiert wurden und dort umkamen. Allein Emils Töchtern Edith und Ilka gelang 1942 die Flucht in die Schweiz. Edith Dietz war die Zeitzeugenarbeit in Form von Buchveröffentlichungen und Lesungen besonders vor Jugendlichen – auch am Goethe-Gymnasium – sehr wichtig. Dafür erhielt sie 2005 das Bundesverdienstkreuz. In ihrem Sinne wollen wir weiterhin die Erinnerung an jüdisches Leben in unserer Heimatstadt und an sein schreckliches Ende wachhalten. Für die Unterstützung dabei und viele interessante Gespräche sind wir dem Ehepaar Feldmann sehr dankbar.
Text | Elisabeth Knopp |
Bilder | Dieter Feldmann |
Beitrag beim SWR „Das Schicksal einer jüdischen Familie aus Bad Ems" |
https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/schuelerprojekt-100.html |
Beitrag Dekanat Nassauer Land „Gut, dass die Jugend anders denkt“ |
https://www.evangelisch-nassauer-land.de/index.php/9-nachrichten/1143-84-jahrestag-der-reichspogromnacht-gut-dass-die-jugend-anders-denkt |
Lektüretipp (in der Schulbibliothek ausleihbar): |
Edith Dietz: Den Nazis entronnen. Die Flucht eines jüdischen Mädchens in die Schweiz. Autobiographischer Bericht 1933-1942. Verlag: Brandes & Apsel, Frankfurt, 2002. ISBN: 9783763801343 |